Konzert von molto vocalis im Zeichen des Friedens

„Flieg, Gedanke, getragen von Sehnsucht“

Im Zeichen tiefgründiger Texte und mitreißender Melodien stand der Abend des Mössinger Konzertchores molto vocalis am Samstagabend, 19. März 2022 in der Aula des Quenstedt-Gymnasiums in Mössingen. In einem breit gefächerten Reigen von Liedern aus Oper, Musical und Film reflektierte der Chor aktuelle Geschehnisse auf dem Hintergrund der Musik und schlug einen Bogen von Finsternis zum Licht.

Denn zu Beginn des Abends lag die Bühne komplett im Dunkel und es erklangen die Worte aus Tolkiens „Herr der Ringe“ vom Ring der Finsternis, dem „Zeichen der Dunkelheit“, das die Menschen knechten und beherrschen will. Drei musikalische Hauptthemen des Filmes in düsterem Moll lösten sich schließlich ins Oscar-prämierte „Into the west“ auf.

Damit war das Thema des Abends gesetzt: Die Frage nach „Libertà – Lieder von Freiheit, Liebe und Leben“ durchzog das fast dreistündige Konzert und Chorleiter Ronald Hirrle verknüpfte Arien, Duette und Chorsätze durch seine Moderation immer wieder mit den aktuellen Geschehnissen in der Ukraine.

So zeigt die Handlung in Giuseppe Verdis „Don Carlos“ erschreckend, wie Macht Gewalt und Unrecht hervorruft und die Unterdrückung des Volkes Israel in „Nabucco“ weist Parallelen zur ukrainischen Sehnsucht nach Freiheit auf. Das Lied des Gefangenenchores „Va, pensiero“, „Flieg, Gedanke, getragen von Sehnsucht“ sang der Chor dann auch gleich zweimal, im Programm und als Zugabe, beide Male unterstützt vom mitsingenden Publikum in gut gefüllter Quenstedt-Aula. In mehreren Verdi-Arien brillierte Mezzosopranistin Ingrid Seidel.

Neben den schweren Themen erklangen jedoch auch leichte, hoffnungsvolle Töne. Ausdrucksstark sang Martina Eyassu aus Mozarts „Nozze di Figaro“ die Cavatine der Gräfin, während Laura Güldekinoglu in Mozarts „Don Giovanni“ mit bewegendem, emotionalem Timbre in der Stimme die Zerlina darstellt. Wolfgang Scheuing in der Rolle des Masetto debütierte als Solist im Duett mit Zerlina und sang seine Rolle mit schönem, sonorem Bass. Immer wieder versuchte Ronald Hirrle hier als Bösewicht Don Giovanni mit baritonaler Stimmfärbung Zerlina für sich zu gewinnen. Als Don Ottavio, der sich um den Seelenfrieden seiner Donna Anna bemühte, war Helmut Huerkamp mit überzeugendem Tenor zu hören. Spanische Noten kamen durch die „Zingarelle“ und die „Mattadori“ aus Verdis „La traviata“ auf die Bühne.

Dazwischen immer auch Sehnsuchtsausflüge in die Schönheit der Schöpfung: „Colors of the wind“ aus Pocahontas und Rutters „Look at the world“. Letzteres setzte dem anfänglichen „Zeichen der Dunkelheit“ textlich die Welt als „Zeichen der Liebe Gottes“ entgegen und löste die Schwere und Dichte in Leichtigkeit auf, damit zuletzt „Ja ich bin frei!“ aus „One moment in time“ erklingen konnte.

Ein intensiver Abend mit einem enormen musikalischen Spannungsbogen und einfühlsamer Begleitung am Flügel durch Friedemann Treutlein verwob so Gegenwart, Geschichte und Hoffnung musikalisch – und erbrachte überdies noch 600 € Spenden für medizinische Hilfslieferungen in die Ukraine durch das Tübinger „Deutsche Institut für ärztliche Mission“, Difäm.

Nach drei intensiven Indoor-Konzerten im letzten Jahr unter pandemiebedingt sehr erschwertem Rahmen, dem Rock-Pop-Konzert im Juli in der Martin-Luther-Kirche, dem Beethoven-Jubiläum im November in der Peter-und-Paulskirche und dem jetzigen Abend freut sich der Chor nun darauf, im Sommer wieder open air in der Burgruine in Melchingen zu konzertieren – am 9.+10. Juli ist es nach drei Jahren Pause endlich wieder so weit. Für alle, die dort gerne mitsingen möchten, wäre jetzt der perfekte Zeitpunkt zum Einstieg oder auch nur zum Schnuppern. Probe immer donnerstags von 19.30 bis 22 Uhr im Musiksaal der Langgassschule.

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