Magic Moments unterm Regenbogen

Plötzlich leuchtete da ein Regenbogen. Das zweite Konzert des Konzertchores molto vocalis in der Burgruine Hohenmelchingen bescherte den Besuchern am Sonntagabend einen ganz unerwarteten magischen Moment.

Noch kurz vor 18 Uhr hatte es so ausgesehen, als müsse man das Open Air wegen drohenden Niederschlägen absagen. Der Chor entschied sich, es dennoch zu wagen – ein Mut, der sich auszahlte. Denn außer wenigen Tropfen, just beim Lied „You Never Walk Alone“ („geh durch Wind und Sturm mit Hoffnung im Herzen“), blieb es trocken und als die zehn Herren des Chores direkt danach von „Wochenend und Sonnenschein“ sangen, zeigte sich den knapp neunzig Besuchern, die sich trotz des Wetterrisikos aufgemacht hatten, schon wieder die Sonne, als wolle sie deren Mut belohnen.

Mehr als doppelt so viele Menschen hatten bereits am Abend zuvor ein Konzert mit perfekten Rahmenbedingungen erlebt. Fackelschein in den Burgmauern, am Nachthimmel kreisende Fledermäuse und eine Bühne, die wirkte, als gehöre sie zwingend zu den alten Mauern dazu, machten aus dem einstigen Rittersaal nun schon zum 21. Mal den „schönsten Konzertsaal der Alb“.

Bei hereinbrechender Dunkelheit entführte der Chor seine Zuhörer musikalisch zuerst in die USA mit dem Swing-Klassiker „Chattanooga Choo Choo“ und anschließend mit „Route 66“. Danach wechselte er „von der Geographie zur Biographie“, wie Moderator Uwe Braun-Dietz kurzweilig erläuterte. A capella trug der Chor dann in großer Dichte den Beatles-Klassiker „The Long and Winding Road“ vor.

Überhaupt zeichnete sich der Konzertabend durch eine hohe atmosphärische Intensität aus. „Take my Breath Away“ als Damenquartett oder Adeles „Rolling in the Deep“ und „Someone Like You“, gesungen von den Frauen des Chores, verbreiteten große Emotionen. Bei Klassikern wie „Nights in White Satin“, „A Whiter Shade of Pale“, „You are the Reason“ und Pete Seegers „Turn! Turn! Turn!“ spielte der Chor seine große musikalische Klangkraft voll aus. Fröhlich-leichte Gegenakzente setzten Paul Ankas „Diana“, „Ich brauche keine Millionen“ und das Titellied „This Magic Moment“.

Ein besonderer Moment war der Auftritt des „Phantoms der Oper“, am Samstagabend aufgrund des späteren Konzertbeginns aus der völligen Dunkelheit kommend. Rainer Ulbrich verkörperte es, um das Publikum gemeinsam mit Martina Eyassu als Christine in die Katakomben der Pariser Oper zu entführen. Eyassu brillierte dabei gleich mit drei Soli und Ingrid Seidel ergänzte zusammen mit Helmut Huerkamp noch das gefühlvolle, legendäre Duett „All I Ask of You“.

Begleitet wurden alle Stücke am Piano wieder von Edgar Müller, der dem Chor seit nunmehr schon über 25 Jahren verbunden ist, sowie dem ebenfalls langjährigen Bassisten Daniel Pommranz. Zusammen mit Drummer Jonas Leuther, ebenfalls schon zum 2. Mal dabei, bildete das Trio ein sehr gut eingespieltes instrumentales Fundament für den Chorgesang. Tobias Haas an der Technik mischte die Musik wie immer sehr gut ab und brachte ihren Klang zu den Zuhörern.

Für ein Konzert äußerst ungewöhnlich ruhig schloss der Abend mit zwei zauberhaften Abendliedern. Zuerst flog das Publikum mit molto vocalis durch die Vollmondnacht „auf des Mondes Schein“, um danach den Zauber des Geheimnisses der Nacht ganz direkt zu erleben, als der Chor „O Nuit!“ aus dem Film „Die Kinder des Monsieur Matthieu“ vortrug.

Die anschließende lange, fast andächtige Stille zeigte, dass der Ansatz von Chorleiter Ronald Hirrle aufgegangen war: „Wir möchten, dass unsere Besucher etwas mitnehmen aus diesem Abend, dass etwas ihr Herz berührt. Dafür singen wir“. Der große Schlussapplaus bestätigte, dass dies wieder einmal gelungen war.

Dass hierzu diesmal jedoch nicht nur die Kraft der alten Burgmauern und die Stimmung des Ortes beitrug, sondern sogar das Firmament mit einem Regenbogen seinen Anteil beisteuerte, machte nicht nur Hirrle, sondern alle Anwesenden fast sprachlos. Nach allem sonntäglichen Wetterbangen und Risiko wirkte dieser beinahe wie ein göttliches Zeichen. „Dann haben wir wohl alles richtig gemacht“, meinte der Chorleiter dankbar erleichtert.

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